Strange Days - Band 2 (German Edition) by Ink Fred

Strange Days - Band 2 (German Edition) by Ink Fred

Autor:Ink, Fred [Ink, Fred]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783844824728
Herausgeber: Books on Demand
veröffentlicht: 2011-12-21T23:00:00+00:00


Eine halbe Stunde später ist es so weit: Er wartet vor der ersten Sicherheitskontrolle, den schweren Koffer neben sich. Ein Blick zur Seite, und da steht sie: Klein, zart, zerbrechlich, wunderschön. Ihre Hände sind zu Fäusten geballt, die Arme liegen eng am Körper an.

Er öffnet den Mund, doch ihm sind die Worte ausgegangen, also zieht er sie in eine lange Umarmung. Sie regt sich erst nicht, hängt in seinen Armen wie eine Ansammlung nasser Lumpen. Dann sträubt und wehrt sie sich, will ihn von sich stoßen. Und schließlich wirft sie die Arme um ihn und zieht ihn so fest an sich, dass ihm die Luft wegbleibt, umklammert ihn, als wolle sie ihn ersticken. Küsse bedecken sein Gesicht. Er spürt, wie ihre Tränen seine eigenen Wangen hinabrinnen. Ein letzter, leidenschaftlicher Kuss auf den Mund, und er versucht alles festzuhalten: ihren süßen, unvergleichlichen Geschmack, das elektrisierende Gefühl der akrobatischen Zunge, die um seine eigene tanzt, den leichten Schmerz und das Kribbeln im Rückgrat, als sie sich in seiner Unterlippe verbeißt.

Dann ist es vorbei, sie schiebt ihn weg und es ist, als würde sie ein unsichtbares Band zwischen ihnen zerschneiden. Sie wischt sich mit dem Handrücken über die Augen, sieht ihn ein allerletztes Mal gefasst an und befiehlt: »Go!«

Ehe ihm eine Erwiderung einfallen will, die der Situation angemessen wäre, wendet sie sich ruckartig um und stampft mit schnellen, festen Schritten davon. Zwei, drei Sekunden, dann biegt sie um die Ecke und ist fort.

Im Flugzeug bestellt er ein Bier, öffnet die Dose mit zitternden Händen und gießt ihren Inhalt in einen Plastikbecher. Er führt den Becher an die Lippen und leert ihn in langen Zügen.

In seinem Rücken spürt er die Vibrationen der Triebwerke. Neben ihm, vor dem kleinen Fenster, ziehen Schleierwolken vorbei, die das Flugzeug soeben durchstößt. Er ist in der Luft und unterwegs nach Hause; es gibt jetzt kein Zurück mehr.

Gottlob hat sich am Flughafen niemand für seine fehlende Visums-Registrierung interessiert. Stattdessen musste er dreimal seinen Reisepass vorlegen, zweimal sein Handgepäck sowie seine Schuhe durchleuchten lassen und wurde in einem Nacktscanner genauestens unter die Lupe genommen. Es hat ihm nichts ausgemacht; stumm und gleichgültig hat er alles mit hängenden Schultern über sich ergehen lassen.

Eine Reihe vor ihm, auf der anderen Seite des Ganges, sitzt ein Pärchen und gackert und kichert in einem fort. Sie bestellen etwas Hochprozentiges, stoßen gröhlend an und nehmen ihr Geschnatter noch lauter wieder auf. Er beneidet sie nicht. Er hasst sie. Missgönnt den dümmlichen, primitiven Gestalten jedes kleinste Fünkchen gemeinsamen Glücks. Womit hat er es verdient, dieser kahlköpfige, aufgedunsene, hässliche Kerl mit dem schiefen Gebiss? Womit hat er es verdient, seine Partnerin mit sich zu nehmen und dabei so gottverdammt glücklich zu wirken, wo er doch alles hat zurücklassen müssen?

Ihm ist klar, dass seine Gedanken ungerecht sind, grausam und gemein. Aber er ist viel zu traurig, um sich selbst dafür zu verabscheuen Er zwingt sich, an die Zukunft zu denken. Was er nun zu tun hat, lässt sich ganz knapp zusammenfassen: Er muss dafür sorgen, dass er schnellstmöglich zurückkehren kann.



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